Nicht jeder Text erfordert eine Bearbeitung über die gesamte strukturell-sprachliche Bandbreite. Gibt uns ein Auftraggeber freie Hand, ist dies ein ebenso willkommener wie motivierender Vertrauensbeweis, mit dem sich besonders gute Resultate erzielen lassen. In manchen dieser Fälle stellt sich dann während der Bearbeitung heraus, dass der Aufwand durchaus im Rahmen bleibt. Diametral im Gegensatz hierzu sind wir gelegentlich auch mit Kunden konfrontiert, die eine stark mechanistisch verengte Sicht auf unsere Tätigkeit erkennen lassen, während gerade ihre Texte dann womöglich einen enormen Recherche- und Denkaufwand verursachen.
Offenere Erwartungen finden wir häufiger an einsprachige Bearbeitungen geknüpft als an zweisprachige. Man könnte auch sagen, dass strukturell-sprachliche Gesamtbearbeitungen doch merklich den Rahmen dessen sprengen, was wir alle gemeinhin unter »Übersetzung« verstehen. Dabei würde bei unvoreingenommener Betrachtung, ohne diese »Schere im Kopf«, vieles (und in manchen Fällen alles) für zweisprachige Bearbeitungen über die gesamte Bandbreite sprechen.
Bandbreiten dieser Art sind für unseren Arbeitsalltag nicht untypisch und beschränken sich auch keineswegs auf einsprachige Aufträge: Viele zweisprachige Bearbeitungen, die wir unter dem Titel »Übersetzung« abwickeln, erreichen diese Breite. Die primär vorliegenden Strukturdefizite lassen sich fast immer so erklären, dass der Bearbeitungsstand des Ausgangstextes nicht hinreichend fortgeschritten ist. Die Struktureingriffe kann man sich so vorstellen, dass sich im Rahmen der substanzorientierten Bearbeitung strukturelle Optimierungen quasi »aufdrängen«.
Die diesbezüglichen Kundenerwartungen sind erfahrungsgemäß sehr, sehr unterschiedlich gelagert. Daher betonen wir zunächst in einem Kommentar den Vorschlagscharakter einer jeden strukturellen Optimierung und bieten an, diese auf Wunsch kostenlos wieder »zurückzubauen«. Sollten Struktureingriffe aus prinzipiellen Erwägungen unerwünscht sein, nehmen wir klarerweise davon Abstand. Überhaupt befolgen wir stets die Vorgaben unserer Kunden, nur sollte man verstehen, dass präzise Artikuliertes leichter zu befolgen ist als schweigend Vorausgesetztes.
Die hier getroffene Unterscheidung zwischen »Regelfall mit Struktureingriffen« und »Regelfall mit minimalen Struktureingriffen« ist selbstverständlich nicht wörtlich zu verstehen. Wir möchten damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass die sinnvolle Bandbreite an struktureller Optimierung von Text zu Text erheblich variieren kann. Auf unserem Spezialgebiet der medizinisch-wissenschaftlichen Artikel fallen ständig zweisprachige, noch sehr gut als »Übersetzungen« titulierbare Bearbeitungen an, die »minimale« Struktureingriffe nahelegen.
Ein besonders häufiges Einzelbeispiel wäre das strukturierende Kürzen von Abstracts auf eine vorgegebene Wortzahl. Gerade bei Übersetzungen ins Englische sind solche Kürzungen sehr häufig erforderlich – schon deshalb, weil deutsche Wörter im Schnitt länger sind als englische Wörter, sodass Texte gleichen Inhalts im Englischen deutlich mehr Wörter umfassen als im Deutschen (umgekehrt liegt der Fall übrigens bei der Anzahl der Zeichen und somit der effektiven Textlänge). Examplarisch wäre auch das Einfügen passender Zwischenüberschriften oder, auf einer grundsätzlicheren Ebene, jedes »Zurechtrücken« von Text- oder Tabelleninhalten.